Projekt Celle grandios gescheitert

Seit einigen Jahren treibt uns der Gedanke um, mit dem Boot vom Heimathafen Westen nach Celle zu fahren, 92 Kilometer gegen den Strom auf einem schmalen Fluss mit Segelboot und Elektroantrieb. Keine guten Voraussetzungen, aber der Gedanke war da. Um mal zu spoilern: es ist nicht gelungen und war trotzdem schön.

Das Projekt, auf der schmalen Aller segeln zu wollen, ist eigentlich ohnehin schon grenzdebil. Aber bisweilen geht es und neulich gerade hatten wir mit kräftigem Wind aus NW die Idealvoraussetzung, zumindest nennenswerte Teilstrecken segeln zu können. Beim Start unserer Tour hatten wir aber nicht die angesagten vier Bft, sondern nur drei davon und die auch noch aus Südwest, mitunter auf Süd wechselnd. Suboptimal.

Mehrere Jahre hatten wir auf der Aller Niedrigwasser, was uns mit unserem Klappschwert, anders als unsere Motorboot fahrenden Kollegen, weniger stört. In diesem Jahr jedoch haben wir ständig ordentlich Wasser. Schön daran ist, dass unser Schwert ganz ausgefahren sein durfte und wir nicht so akribisch auf Sandbänke achten mussten. Allerdings ist die Strömung, anders als bei Niedrigwasser, eine ganz andere Nummer. Während wir bei Niedrigwasser, als uns das erste Mal der wahnwitzige Gedanke einer Tour nach Celle kam, eine Strömung um die 3 bis maximal 4 km/h haben, waren es jetzt bis zu 6, wenn ich unserer Logge Glauben schenke. Das nachfolgende Video mag einen kleinen Eindruck vermitteln für diejenigen, die sich unter den Zahlen nichts vorstellen können.

Gegen die Strömung ist unter Segel mit 3 Bft nichts zu machen. Gelegentlich gab es die angekündigten Böen von 5 oder 6 Bft, und wenn dann die Wind- oder Flussrichtung gerade passte, war kurzzeitig an ein Fortkommen zu denken. Schlussendlich musste der Elektromotor deutlich mehr und mit deutlich mehr Schub als vorgesehen zum Einsatz kommen — mit der Folge, dass wir deutlich mehr Akkustrom benötigten als vorgesehen.

Also mussten wir, darauf waren wir aber eingerichtet, ganztägige Pausen einlegen, um die Akkus zu laden. Das Bild illustriert schön, wie man einerseits die Sonne einfängt und andererseits selbst Schatten sucht. Nach den vorher geschilderten Problemen kam ein weiteres: an den nächsten Tagen wollte die Sonne nicht ganz so, wie wir es wollen. Nicht nur das, es gab mitunter sogar Regen. Nichts mit Solarpower. Jedenfalls nicht für die ePropulsion-Akkus, zwei Mal 1.270 Wh wollen erst einmal mit den Panels geladen werden. Zudem mussten wir auch darauf achten, die Ecoflow für unseren Bordstrom zu laden, die allerdings sehr dankbar im Batteriemanagement ist. So konnten wir problemlos Smartphones und Notebook laden, die Beleuchtung und das WLan und auch die kleine Kühlbox in Betrieb halten.

Den ursprünglichen Plan der Tour haben wir schnell begraben und nutzten die Zeit zur Tiefenentspannung. Zeit zum Schlafen, Dösen, Lesen, Naturbeobachtung, Bootspflege und am Abend haben wir angesichts gutem LTE-Router entspannt das Endspiel der Europameisterschaft geschaut.

Nach ein paar Tagen sind wir zurück zum Hafen gefahren und haben dort einmal übernachtet und die Akkus über Landstrom geladen. Damit wollten wir am nächsten Tag nach Verden, dort schön essen und am Nachmittag zurück zum Hafen. Das mit der Hinfahrt hat geklappt, mit dem Essen auch. Aber auf der Rückfahrt ist uns einer der Akkus kollabiert und wir mussten mit unserem Reststrom zurück nach Verden. Die freundlichen Kollegen vom Wassersportverein Verden haben uns an deren neuen Gastanleger anlegen lassen. Wir haben von einem Vereinskameraden aus Westen einen kleinen Verbrenner organisiert und sind damit wieder zurück in unseren Hafen.

Was haben wir daraus gelernt? Man muss sein Ziel nicht erreichen und kann trotzdem eine entspannende und erlebnisreiche Tour machen. Und dass wir den Plan nicht aufgeben, allerdings heißt es im nächsten Jahr nicht Westen — Celle, sondern Celle — Westen. Mit dem Strom. Dann klappt das auch mit dem Strom.

Wegen des defekten Akkus sind wir übrigens mit ePropulsion im Gespräch. Und obwohl die Garantie längst abgelaufen ist, haben wir gute Chancen, dass der Akku auf Kulanz getauscht wird. Vielleicht gibt es also doch ein Happy End.

2 Antworten

  1. Sehr schöner Erfahrungsbericht!
    So ist es eben mit der Segelei. Machen, scheitern, lernen und dann besser werden.
    Die Jagd nach den Kilowattstunden wird in der Zukunft die kleine Welt der Fahrtensegelei m. E. noch schwer beschäftigen.
    L.G. Stefan.

  2. … der Weg ist das Ziel ;-). Habe ich vor Jahrzehnten beim Gleitschirmfliegen auch so gelernt. Es geht nur mit dem „Wettergott“ – und wenn es mal nicht geht: wir können letztendlich nur mit dem Wetter, und nicht dagegen. Sich darüber zu ärgern ist weder schlau noch hilfreich … also einfach das genießen, was möglich ist. Ahoi und Amor Fati!

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