Das Folkeboot ist zugegebenermaßen ein Klassiker mit einer eingefleischten Fangemeinde. Mein Freund Blondini schlug mir Anfang des letzten Jahres vor, gemeinsam eines zu chartern und damit eine Woche an der Ostseeküste herumzuschippern. Für mich als blutigen Anfänger schien das eine tolle Gelegenheit, mit einem erfahrenen Skipper viel übers Segeln zu lernen. Und Blondini wollte mal sehen, ob so ein Folkeboot auch dauerhaft etwas für ihn sein könnte. Das Erste hat geklappt, aber die Folkeboot-Verehrer haben in uns keine weiteren Jünger gefunden.
Ende August haben wir das Boot in Maasholm entgegengenommen und mussten erst einmal eine ausführliche Proberunde machen. Das war nicht nur eine durchaus gute Einweisung, sondern auch ein Test, ob wir mit dem Boot klarkommen. Wir hatten von vornherein gesagt, dass die Mannschaft aus einem erfahrenen Skipper und einem Anfänger besteht. Blondini hat den Test bestanden und bei mir hieß es, ich sei ganz lernfähig. Nach einer guten Stunde bekamen wir das Boot ausgehändigt. Großer Pluspunkt für den Charterer.
Am Boot war alles komplett, aber es gab auch Grund zum Wundern: Ob Propangas-Kartuschen nun gerade in der Kajüte liegen sollten und eine Rettungsinsel in dem engen Boot vor dem Mast eingekeilt für den Notfall gut platziert ist, darüber lässt sich trefflich streiten.
Blondini, der sich auf alles peinlich genau vorbereitet, hatte das schon im Vorfeld gesehen und eine kleine Rettungsinsel beschafft. Auch wenn die ständig und überall im Weg herumlag, war das kein schlechtes Gefühl
Leider hatten wir insgesamt Last, unser Gepäck unterzubringen, denn die beiden Kojen im Vorschiff waren mit allem an Material und Zubehör vollgestopft, was irgendwie zu diesem Boot gehören kann. Aber OK, das Boot war in gutem Zustand.
Der Plan war, von Maasholm nach Flensburg zu segeln. Aber das grundsätzlich tolle Wetter hat nicht immer mitgespielt. Von Flaute bis kräftigen Böen, von strahlendem Sonnenschein bis zu Regen war alles dabei. Natur eben, und das will man ja.
Die erste Etappe führte uns nach Wackerballig; der Wind flaute ab und wir brauchten Stunden, um die Geltinger Birk zu umrunden. Entschädigt wurden wir durch einige Schweinswale, die wir immer wieder beobachten konnten.
Das Restaurant in Wackerballig war wegen Corona geschlossen, also mussten wir nach Gelting. Der Hafenmeister empfahl uns ein Restaurant, vom Griechen aber riet er ab. Wir hörten auf ihn und besuchten das Restaurant, das mit „nordischen Tapas“ für sich warb. Das Bier war gut, immerhin, die Essensportionen jedoch winzig; der an diesem Abend geborene Running Gag bringt es auf den Punkt: „Fünfzig Euro später wussten wir, dass es keine gute Idee war.“ Als unser Tischnachbar lautstark verkündete, sich an der Tanke noch eine Tüte Chips zu kaufen, beschlossen wir, ebenfalls noch hungrig nach einem Tag auf dem Wasser, dem Griechen einen Besuch abzustatten; lieber schlecht und reichlich als schlecht und knapp. Jedoch: Das Essen war in Ordnung, wir wurden nicht nur satt, der Wirt gab einige Ouzo aus und als wir nach einem Taxi fragten, bestand er darauf, uns zum Hafen zu fahren und wollte auf keinen Fall Geld dafür haben. Von wegen: schlechter Grieche! War super!
Am nächsten Tag wollten wir weiter Richtung Flensburg, aber das wurde mit dem Wind gar nichts. Wir sind nach Sønderburg ausgewichen, das war prima, mal vom windstillen Regenloch, in dem wir vorher festgesessen haben, abgesehen.
So langsam wir uns Richtung Nordwesten geschlichen haben, um so zügiger konnten wir zurück donnern. Bei Wind 5 bis 6 und einem Meter Welle (lt. DWD) hat das Folkeboot ordentlich Fahrt gemacht. Für mich als Anfänger auf meiner ersten richtigen Segeltour war das spannend und unterhaltsam, zumal Skipper Blondini sehr umsichtig unterwegs war.
Zwei Tage waren wir noch auf der Schlei unterwegs. So unterhaltsam war das nicht; wir mussten viel kreuzen und angesichts des Tiefgangs und der teilweise schmalen Fahrrinne war das eher mühselig.
Fazit: Tolle Woche mit viel Spaß und schönen Erinnerungen. Das Boot allerdings hat uns nur bedingt Freude gemacht. Es segelt prächtig, man fühlt sich sicher. Aber bei ordentlicher Welle am Motor zu hantieren oder das Vorsegel einzuholen, ist nicht wirklich eine Freude. Blondinis emotionale Kommentare zum Motor sind an dieser Stelle nicht unbedingt zitierfähig und wurden ein weiterer Running Gag.
Sehr unschön ist es unter Deck. Für ein Boot dieser Größe ist in der Kajüte wirklich sehr wenig Platz, die Kojen sind schmal und bretthart, es tropft einem bei Regen auf die Nase, Stauraum ist knapp und schlecht geplant, zudem bei Kontakt zur Bordwand immer feucht. Man merkt einfach, dass in den Jahrzehnten seit der Konstruktion des Folkeboots viel passiert ist. Ich habe kurze Zeit später ein ein Meter kürzeres Boot angesehen, eine Viko S 21. Auch wenn es ein deutlich kleineres Boot ist, fühlt man sich an und unter Deck im Vergleich zum Folkeboot wie in einem Palast.
Das Folkeboot ist etwas für Liebhaber, zu denen ich ganz offensichtlich nicht gehöre. Ich finde selbst mein 4,50 Meter-Pocketship gefühlt geräumiger und vor allen Dingen trockener. Trotzdem war das eine gute Erfahrung und man weiß nun sicher, welche Boote nicht zu einem passen. Oder umgekehrt.
Eine Antwort
Hallo Carlos, das Folksbegehren zeichnet sich bei mir immer noch durch eine große Faszination aus. Als kleiner Junge durfte ich mal mitsegeln, als mein Vater für seinen BR-Schein geübt hat. Ich musste aus der Kajüte zusehen, weil ich den Manöverablauf nicht störend durfte. Den ganzen Tag schaute ich Seglern und ich erinnere mich auch an eine Seglerin, die mich immer freundlich von der Pinne in der Kajüte anschaute, zu. Ich war fasziniert und diese Faszination ist die Jahre über nie völlig verflogen. Jahrzehnte später beschaffte ich mir antiquarisch das Buch von Ann Gash „A Star to steer her by“. Eine 55jährige australische Großmutter will ihre Familie in England besuchen und weil sie sich das Flugticket nicht leisten kann, fährt sie halt mit dem Folkeboot. Also, wenn das Boot nichts abkann, dann weiß ich nicht, was ein seetüchtiges Boot ist.
Über all die Jahre blieb die Faszination für das Folkeboot immer in irgendeiner Weise erhalten und ich wußte, dass ich einmal im Leben ein Folke segeln musste. Das war der Ausgangspunkt, als ich Dir die Woche im Folkeboot schmackhaft gemacht habe. Die Wahl des Revieres war einfach, weil mir die Flensburger Förde und auch die Schlei ebenfalls seit meiner Kindheit vertraut sind. Das, was man bereits kennengelernt hat, übt wahrscheinlich eine größere Faszination aus, als das, was man noch kennenlernen könnte.
Genug des Vorspannes, es dürfte deutlich geworden sein, dass bei mir eine Menge Vorfreude mit an Bord ging. Zum Vercharterer ist zu sagen, dass er sein Geschäft inzwischen veräußert hat, so dass der Nachfolger vielleicht die folgenden Kritikpunkte behoben hat. Am Boot selbst war alles vorhanden. Allerdings war einiges Equipment recht alt und die dänische Gastflagge z.B. bestand nur aus Dunkel- und Hellgrau. Ich habe mich echt geschämt, damit in Sonderborg einzulaufen. Über den berüchtigten Motor möchte ich an dieser Stelle nicht viel schreiben. Ich kann nur sagen, dass ich nach der Woche noch mal genüßlich die Stelle in dem Buch „Mal seh’n wie weit wir kommen: Mit dem Kleinboot um die Welt“ von Hans Habeck durchgelesen habe, der in seinem Ärger den muckenden Außenborder einfach im Hafenbecken auf Tiefe geschickt hat. So macht man das!!! Also es stimmt: ein paar Sachen waren nicht so cool. Wenn es einem bei Regen auf die Nase tropft oder morgens der Rücken schmerzt, weil die Matratzen schon von Napoleon genutzt worden waren, so kommt da keine echte Freude auf. Ich wurde aber durch die Segeleigenschaften des Folkebootes völlig entschädigt. Es segelt wie eine Pracht, es schneidet einfach die Wellen durch und man wird nicht so durchgeschleudert wie in den modernen Kurzkielern. Also: mir hat es sehr gefallen. Im letzten Jahr habe ich im Micro Fünen umrundet und in Kerteminde stand eine ganze Gruppe von GFK Folkebooten an Land. Die geistern mir heute noch im Kopf rum.
Viele maritime Grüße von Christoph